Das Bild rechts entstand in Ratingen-Homberg, im Glockenstuhl der Kirche St. Jacobus der Ältere. Es zeigt den Beiermann Peter Peiffer am Hebelklavier: damit schlägt er über Seilzüge und Ausgleichsgewichte die Glocken an.
Beiern - was ist das?
Ein Begriff, den ich nur aus meiner Kinderzeit kenne: Wenn die Eltern den Sohne-Mann oder die Tochter in einer Sache wiederholt mahnen mussten, hieß es: Muss ich ständig beiern?
Was bedeutete das? Zum Gottesdienst wurde normal mit mehreren Glocken geläutet. Kurz vor Beginn der Messe aber erklang nochmals eine kleine Glocke - schnell, drängend, die säumigen Besucher zur Eile mahnend. Das verstand man unter "beiern".
Erst später erfuhr ich, dass das Beiern eine alte Tradition hat, die in einigen Gegenden hoch gehalten wird: An besonderen Festen steigen Beiersleute auf den Kirchturm und schlagen die Glocke an. Die Klöppel, die mit Seilen bereits bis kurz vor den Rand gezogen sind, brauchen nur noch einen kurzen Ruck, und die Glocke erklingt.
Ein Spieler kann bis zu drei Glocken bedienen. Zum Beiern braucht es ein eingespieltes Team mit Musikalität und Gefühl. Eingeübt werden die Musikstücke mit Beierversen, die eine lokale Aussage machen, oft Spottverse über Nachbarn, über den Küster und die Geistlichkeit.
Entsprechend dem Tonumfang der Glocken können die Melodien nach Zahlenkombinationen oder nach Noten gespielt werden.
Das Beiern ist ein Glockenspiel - obwohl man bisweilen unter Glockenspiel ein Carillon versteht. Ein Carillon hat Glocken in chromatischer Tonfolge über mehrere Oktaven. Beim Beiern hingegen werden die Glocken gespielt, die auch sonst an allen Sonn und Festtagen ihren Dienst tun.
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